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Es muss nicht bei jeder Nachricht „kling“ tönen

Es muss nicht bei jeder Nachricht „kling“ tönen

Beitrag von Bettina Jung

Kategorie: Blog, Aktuelles, WOL

Sich selbt auf die Schulter klopfen, wenn ich wieder tausend Sachen nebeneinander geschafft habe, das kenne ich gut. Erst seit einer Weile ist mir wirklich bewusst, dass genau deshalb manche Dinge so lange dauern; dass ich genau wegen dieses Multitaskings manchmal wirklich erschöpft bin.

Eine Weile dachte ich, es läge daran, dass ich älter geworden bin. Dann fiel mir ein, wie müde und erschöpft ich vor über 30 Jahren oft war, wenn ich nach einer Schicht aus dem Krankenhaus nach Hause kam.

Meine Erinnerung an eine Schicht vor 30 Jahren

„Während ich den beatmeten Patienten, absauge und lagere, klingelt das Telefon. Ich entschuldige mich, sichere den Patienten ab und renne zum Telefon. Wieder am Patientenbett, steht ein Kollege in der Tür und fragt etwas. Im Nachbarzimmer gehen Alarme an und ich frage mich, ob die Teamkollegin in ihrem Zimmer ist. Gleichzeitig will ich in Kontakt sein mit „meinem“ Patienten, ansagen, was ich tue, davon ausgehen, dass er trotz Sedierung vieles mitbekommt.“

Inzwischen sind wir im digitalen Zeitalter angekommen

Die Reize, die Geschwindigkeit haben zugenommen und zehren die beabsichtigte Steigerung der Wertschöpfung durch Digitalisierung auf. Digitale Lösungen werden nicht wirksam im Sinne von Arbeitserleichterung und Wertschöpfung, sondern die Belastung nimmt vielmehr zu.

Unterstellen wir, wir werden unsere Prozesse neu denken und gut digitalisieren: Wie gehen wir mit der Geschwindigkeit und den kontinuierichen akkustischen und optischen Reizen um? Und mit der gewonnen Zeit? Privat und beruflich. Oder wird das nur gelingen, wenn wir wieder den Fokus finden?

Es muss nicht bei jeder Nachricht„esse gerade leckeres gemüse“ kling tönen

Letztes Jahr bin ich hängen geblieben an dem Buchtitel, „Endlich wieder konzentriert arbeiten“ von Vera Starker und Matthias Schneider.

Schnell habe ich das Buch bestellt. Beim ersten Blättern durch die Seiten wurde aus meinem theoretischen Wissen, dass vieles so lange dauert, weil wir glauben alles nebeneinander machen zu können, ein Verstehen.

Vom Wissen zum Verstehen zum Handeln

Seit das Buch von Vera Starker, Elsa van Amern und Maike Riegel adaptiert wurde für das Gesundheitswesen, „The Focused Hospital“, habe ich entschieden noch genauer hinzuschauen, zu meinem eigenen Arbeitsverhalten wie auch in mein Umfeld.

Wie kann konzentriertes Arbeiten Einzug halten in eine Gesundheitseinrichtung?
„The Focused Hospital“ (TFH) veranschaulicht etwas, das die Autorinnen TFH-Haltung bezeichnen. Eine Haltung, die dazu führt, dass wir wieder konzentrierter arbeiten und ein produktiven, wertschätzenden Flow kommen können. Ein Flow im Sinne einer Fokussierung und Defragmentierung des klinischen und pflegerischen Alltags.

Für diesen neuen Flow brauchen wir Veränderung, sowohl auf individueller, wie auch auf Organisationsebene. Die fünf Dimensionen um die es geht sind:

(1) Arbeitsorganisation
(2) Führung
(3) Kooperation
(4) Kultur
(5) Eigenes Verhalten

Wo fange ich an?

Das Dimensionen-Modell ermöglicht ein systemisches Vorgehen. Das beudeutet, man fängt dort an, wo es möglich ist und weiß, dass jede Veränderung Wirkungen und Nebenwirkungen hat, beabsichtigte und nicht beabsichtigte. Denn jede Problemlösung löst nicht singulär ein einziges Problem, sondern wirkt sich auch auf verbundene Bereiche aus. Im Gegensatz dazu stehen lineare, erst einmal einfach aussehende Lösungsansätze, die in aller Regel auf Kosten von jemandem gehen.
Im Gesundheitsbereich trifft das sehr häufig die Pflege als beliebtes „Mädchen für alles“ oder die Assistenzärztinnen und -ärzte als im medizinischen Gefüge hierarchisch unten eingeordnet. Systemische Ansätze denken diese „Kosten“ mit und führen deshalb zu anderen Lösungen bzw. Vorgehensweisen.
Vera Starker und Elsa van Ammern schlagen im brandeins-Webinar (Mai 2023) vor,
  • einfach mal eine Strichliste zu führen, welche Störungen von außen und von mir selbst in einen Arbeitsablauf hineinfunken. Mit Klarheit lassen sich geeignete Ansatzpunkte für Veränderung zu finden.

  • Arbeitsprozesse zu hinterfragen und dahingehend zu verbessern, indem störungsfreie Zeiten mitgedacht werden.

  • hinzuschauen, welche Kooperationen im Sinne von besserer Zusammenarbeit hilfreich sein können.

Übrigens

Schon die Wahrnehmung des Klingeln eines Telefons oder des KLING unseres Messengers verlangt uns eine Entscheidung ab. Das kostet das Gehirn Energie. Obwohl ich das schon lange weiß und verstehe, fange ich erst jetzt an, es tatsächlich umzusetzen.

Ich lerne, akustische Signale zu steuern, sei es individuell bei Mails, Teams, Signal, LinkedIn, …..  oder durch Aus-/Anschalten des Mobiltelefons.

Endlich wieder konzentriert arbeiten – zum Buch

The Focused Hospital –
Endlich wieder konzentriert
heilen, pflegen und versorgen können – zum Buch